Schri Ischopanischad: Mantra 9

Diejenigen, die in Unwissenheit gründende Tätigkeiten kultivieren, werden in die finstersten Bereiche der Unwissenheit eingehen. Schlimmer noch sind diejenigen, die sich mit der Kultivierung so genannten Wissens befassen.
~Schri Ischopanischad, Mantra 9

Bedauerlicherweise beschäftigt sich der Großteil der Menschheit mit der Kultivierung von Unwissenheit. Wir kultivieren Unwissenheit, indem wir unserer Zunge, unserem Magen, unseren Genitalien und unseren anderen Sinnen wie unterwürfige Sklaven dienen. Der Großteil unserer Energie fließt in dieses irrsinnige Streben nach Sinnengenuss. Voller Gereiztheit, Frustration, Zorn, Eifersucht, Neid, Gier, Hass, Einsamkeit und Verwirrung suchen wir einen Ausweg bei Alkohol, Kokain, Heroin und unzähligen anderen legalen und illegalen Mitteln, die unser Bewusstsein trüben. Dies ist die Kultivierung von Unwissenheit.

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation

Allerdings wird weder in der Schri Ischopanischad noch in anderen vedischen Schriften geraten, die körperlichen Bedürfnisse zu vernachlässigen. In der Bhagavad Gita heißt es:

O Arjuna, es ist nicht möglich, ein Yogi zu werden, wenn man zuviel oder zu wenig isst und zuviel oder nicht genug schläft.
~Bhagavad Gita 6:16

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation

Auch wird Sinnesbefriedigung nicht als „schlecht“ angesehen. Sinnesbefriedigung kommt und geht als ein natürliches mit den Sinnen verbundenes Ereignis. Wir können beispielsweise nicht essen, ohne einen Geschmack zu empfinden. Der entscheidende Punkt ist, dass ein Leben, das sich um Sinnengenuss dreht und Sinnengenuss zum Ziel hat, ein vergeudetes Leben ist. Wirtschaftliche Entwicklung ist zum Erhalt des Körpers notwendig und darf somit nicht vernachlässigt werden. Es ist jedoch äußerst unklug, wirtschaftliche Entwicklung nur zum Zweck endlos zunehmenden Sinnengenusses anzustreben. Kein noch so großes Ausmaß an Sinnesbefriedigung stellt jemals wirklich zufrieden, und deshalb wird keine noch so umfassende wirtschaftliche Entwicklung jemals als „ausreichend“ angesehen. Dies ist der Grund, warum die Menschen in modernen westlichen Gesellschaften immer noch unzufrieden sind, obwohl sie wirtschaftlich so fortgeschritten sind und dadurch so viele Möglichkeiten des Sinnengenusses haben. Sie wollen immer noch mehr.

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation

Dies ist der Grund, warum die Menschen in modernen westlichen Gesellschaften immer noch unzufrieden sind, obwohl sie wirtschaftlich so fortgeschritten sind und dadurch so viele Möglichkeiten des Sinnengenusses haben. Sie wollen immer noch mehr. Der inzwischen verstorbene britische Ökonom E. F. Schumacher bringt es auf den Punkt:

Ist genug für alle da? Sofort haben wir es mit einem ernsten Problem zu tun: Was ist „genug“? Wer kann uns das sagen? Ganz bestimmt nicht der Ökonom, für den das „Wirtschaftswachstum“ den höchsten aller Werte darstellt und der folglich keine Vorstellung von dem hat, was „genug“ wäre. Es gibt arme Gesellschaften, die zu wenig haben, doch wo ist die reiche Gesellschaft, in der es heißt: „Stopp! Wir haben genug!“? Es gibt sie nicht.*

Wirklich notwendig ist die Einsicht, dass dem Bedürfnis nach spiritueller Erfüllung genauso wie dem nach materieller Erfüllung entsprochen werden muss. Eine Gesellschaft mit großem materiellen Wohlstand, aber ohne spirituellen Sinn, ist in der Tat eine arme Gesellschaft. Ein Körper ohne die Seele ist ein toter Körper, auch wenn er sehr kunstvoll geschmückt ist.

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation
*E. F. Schumacher, Small Is Beautiful: Economics as if People Mattered (New York: Harper and Row, 1973), S. 25 (auf Deutsch: „Die Rückkehr zum menschlichen Maß. Alternativen für Wirtschaft und Technik“, Rowohlt, Reinbek 1977)