Kapitel 1: Bist du dein Körper?

Du bist dein Körper, nicht wahr? Du bestehst im Grunde aus chemischen Stoffen, oder? Zumindest behauptet das einer der einflussreichsten Wissenschaftler Amerikas:

Ich bin eine Zusammensetzung aus Wasser, Kalzium und organischen Molekülen namens Carl Sagan. Sie sind eine Zusammensetzung aus nahezu den gleichen Molekülen unter einem anderen Oberbegriff.*

Genau wie Sagan glauben die meisten Menschen, dass sie ihr Körper sind. Wenn man sie fragt, wer sie sind, denken und antworten sie in Begriffen körperlicher Bezeichnungen.

“Ich bin Susanne. Ich bin blond, 29 Jahre alt, Mutter und habe immer noch die Maße 90-60-90!”

“Ich bin Henry. Ich bin ein weißer Amerikaner und stolz darauf!”

“Ich bin Fabian. Ich bin ein Rechtsanwalt. Ich bin vierzig Jahre alt und werde jeden Tag älter.”

“Ich bin Anita. Ich bin eine Studentin. Ich bin dick, und ich bin Katholikin.”

Name, Rasse, Alter, Geschlecht, Religion, Nationalität, Beruf, Größe, Gewicht usw., all dies sind körperliche Bezeichnungen. Wenn du dich mit deinem Körper gleichsetzt, identifizierst du dich folglich automatisch mit solchen Etiketten. Wenn dein Körper fett und hässlich ist, denkst du: „Oje! Ich bin fett und hässlich.“ Ist dein Körper sechzig Jahre alt und weiblich, dann denkst du: „Ich bin eine sechzig Jahre alte Frau.“ Und wenn dein Körper schwarz und schön ist, glaubst du: „Ich bin schwarz und schön.”

Aber ist der Körper tatsächlich das Selbst? Bist du wirklich dein Körper?

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation
*Carl Sagan, Cosmos (New York: Random House, 1980), S. 127.

Ich möchte dir ein paar einfache Fragen stellen: Existierst du jetzt in diesem Augenblick? Hast du vor fünf Jahren existiert? Bist du dein Körper? Die meisten Menschen würden alle drei Fragen bejahen. Wenn du dich jedoch für deinen Körper hältst und gleichzeitig sagst, dass du jetzt existierst und auch vor fünf Jahren existiert hast, dann stehst du vor einem Problem: Der Körper, den du vor fünf Jahren hattest, existiert nicht mehr. Es findet ständig ein dynamischer Austausch der Atome und Moleküle statt, aus denen dein Körper besteht. Kein einziges Materieteilchen, nicht ein einziges Atom, das sich heute in deinem Körper befindet, war vor fünf Jahren darin vorhanden. Der Körper, den du heute hast, ist nicht derselbe Körper wie der, den du vor fünf Jahren hattest. Es ist nicht etwa so, dass der Körper, den du früher hattest, immer noch existiert und sich nur irgendwie verändert hat. Nein. Der Körper, den du früher gehabt hast, ist nicht mehr da. Diese damalige Ansammlung von Atomen, die in Fleisch, Knochen, Blut, Haaren usw. in Erscheinung trat, gibt es nicht mehr. Doch du existierst nach wie vor.

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation

Untersuchungen, die vor einiger Zeit in den USA im Atomforschungszentrum Oak Ridge durchgeführt wurden, haben ergeben, dass Jahr für Jahr ungefähr 98 Prozent aller Atome im menschlichen Körper ausgetauscht werden. Jeden Monat bekommst du eine neue Haut und alle sechs Wochen eine neue Leber. Deine Magenschleimhaut überlebt nur fünf Tage, bis sie schließlich ausgetauscht ist. Selbst deine Knochen sind nicht diese harten, stabilen, betongleichen Gebilde, für die du sie bisher vielleicht gehalten hast. Auch sie unterliegen ständigem Wandel. Die Knochen, die du heute besitzt, sind andere Knochen als diejenigen, die du vor einem Jahr hattest. Experten auf diesem Forschungsgebiet sind zu dem Schluss gekommen, dass spätestens alle fünf Jahre ein hundertprozentiger Austausch der Atome im Körper stattgefunden hat. Kurz: Kein einziges Atom, das sich heute in deinem Körper befindet, war vor fünf Jahren darin vorhanden.*

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation
* Aus Guy Murchie: The Seven Mysteries of Life (Boston: Houghton-Mifflin, 1978), S. 321-22

Auch wird Sinnesbefriedigung nicht als „schlecht“ angesehen. Sinnesbefriedigung kommt und geht als ein natürliches mit den Sinnen verbundenes Ereignis. Wir können beispielsweise nicht essen, ohne einen Geschmack zu empfinden. Der entscheidende Punkt ist, dass ein Leben, das sich um Sinnengenuss dreht und Sinnengenuss zum Ziel hat, ein vergeudetes Leben ist. Wirtschaftliche Entwicklung ist zum Erhalt des Körpers notwendig und darf somit nicht vernachlässigt werden. Es ist jedoch äußerst unklug, wirtschaftliche Entwicklung nur zum Zweck endlos zunehmenden Sinnengenusses anzustreben. Kein noch so großes Ausmaß an Sinnesbefriedigung stellt jemals wirklich zufrieden, und deshalb wird keine noch so umfassende wirtschaftliche Entwicklung jemals als „ausreichend“ angesehen. Dies ist der Grund, warum die Menschen in modernen westlichen Gesellschaften immer noch unzufrieden sind, obwohl sie wirtschaftlich so fortgeschritten sind und dadurch so viele Möglichkeiten des Sinnengenusses haben. Sie wollen immer noch mehr.

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation

Viele Menschen sind der Ansicht, dass wir mit dem Gehirn oder irgendeinem Teil des Gehirns identisch sind. Vielleicht hast du dieselbe Vorstellung. Dann dürfte dich folgende Aussage ziemlich sprachlos machen:

Neueste Untersuchungen über den Austausch der molekularen Population in einer Nervenzelle haben erwiesen, dass [...] sich ihr Kontingent an Makromolekülen im Laufe des Lebens etwa 10.000-mal erneuert.*

Das bedeutet, dass die Materie, aus der jede Gehirnzelle besteht, alle drei Tage vollständig erneuert wird.

Dein Gehirn, d.h. das sich momentan in deinem Schädel befindliche Materiegebilde, ist nicht dasselbe Gehirn, das sich noch vor einer Woche darin befand.

~ Chris Butler (Jagad Guru Siddhaswarupananda Paramahamsa)
© 2007 Science of Identity Foundation
*Paul Weiss, “The Living System: Determinism Stratified“, in Arthur Koestler und J.R. Smythies (Hrsg.), Beyond Reductionism (London: Hutchinson, 1969), S. 13